Namensakte Charlotte |
Operieren, therapieren, administrieren: Vom Umgang mit trans Menschen in den Dreissigerjahren»
von Frank Keil
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I.
Wann hat es eigentlich angefangen? Dass es möglich wurde, sein Geschlecht ändern zu lassen? Ab wann gab es die ersten Operationen? Und wer hat sie wo durchgeführt und wie sind sie ausgegangen und was geschah dann nach und nach? Es ist schon spät am Tag, fast Abend, die Zeit des Konzentriert-Arbeitens ist langsam vorbei. Ich schaue auf meinen Bildschirm, und denke ins Ungefähre, was sich oft lohnt. Weil dann die Ideen kommen, die Einfälle, die weiterführen, und seien sie noch so ungeordnet. Nicht gleich, aber am Ende doch. Wobei es keine Garantie gibt, dass es jedes Mal klappt. Es kommt auf den Versuch an. Geschlechtsangleichung – kein Eintrag. Transition – kein Eintrag. Transsexuell – auch kein Eintrag. Geschlechtsoperation – kein Eintrag, aber das war zu erwarten. Was könnte man noch nehmen? Transvestit? Sagt man das noch, ist das ein Wort, das man benutzt, das gebräuchlich ist? Man kann ja heute so vieles so falsch sagen. Aber siehe da, drei Einträge. Das ist doch ein Anfang. Ich lege eine Datei an und kopiere nacheinander die Signaturen hinein und schaue in meinen Kalender, dabei weiss ich auch so, dass ich es übermorgen einrichten kann, einen Tag im Hamburger Staatsarchiv zu verbringen, um die betreffenden Akten zu bestellen und zu lesen. Dann fahre ich für heute meinen Laptop herunter. II. «Ich wurde am 16.2.31 von Professor Gohrbandt im Berliner Urban-Krankenhaus operiert und von meiner angeblichen Männlichkeit befreit und zu einer gesunden Frau gemacht», lese ich in einem handschriftlichen Brief, mit dem ein dünner Schnellhefter beginnt. Der Brief ist an das Amtsgericht Hamburg am Sievekingplatz gerichtet; er ist am 25. Juni 1932 eingegangen, wie ein behördlicher Stempel zeigt. Die Schreiberin wendet sich von Berlin aus an das Amt. Sie möchte, dass ihr Name «Lola Scharlach», «welchen ich seit Jahren führe», und die Anerkennung ihres weiblichen Geschlechts in das Standesregister eingetragen werde, auch weil sie eine Ehe anstrebe. Sie hat eine Abschrift beigefügt: ein Dr. Felix Abraham, Leiter der sexualforensischen Abteilung des Instituts für Sexualwissenschaft (also einer Abteilung des legendären Forschungsinstituts von Magnus Hirschfeld in Berlin), habe ihr bescheinigt, dass bei ihr eine Scheidenplastik-Operation vorgenommen wurde, «so dass nunmehr Fr. Schl. nicht mehr als zwischenstuflich, sondern als weiblich anzusehen ist». Einige Seiten weiter findet sich eine maschinengeschriebene Bescheinigung des Instituts für Sexualwissenschaft gleichen Inhalts; sozusagen nun als offizielles Dokument. Ich versuche mich zu orientieren, weil ich irritiert bin, warum sich die Antragstellerin von Berlin aus an das Gericht in Hamburg wendet. Wie eine beigefügte Geburtsurkunde ergibt, ist sie auch in Berlin geboren worden – am 14. September 1892, um drei Uhr, standesamtlich eingetragen damals als Curt Scharlach. Nach der Lektüre weiterer Briefe verstehe ich: Die Antragstellerin besitzt die Hamburger Staatsbürgerschaft («Gott sei Dank bin ich Hamburgerin», schreibt sie einmal). Also ist Hamburg zuständig (wobei ich als Hamburger noch nie von einer hamburgischen Staatsbürgerschaft gehört habe, aber das schiebe ich erst mal zur Seite). Mehr aber noch ahne ich bald das Problem, vor dem Lola Scharlach steht: Die Behörden in Hamburg handeln nicht, sondern fragen in Berlin nach, die Behörden in Berlin wiederum fragen in Hamburg zurück, dann geht der Vorgang wieder nach Berlin, um von dort erneut nach Hamburg gereicht zu werden. Bald auch ist der eine und andere Schriftsatz offenbar verschwunden oder noch unterwegs oder noch nicht eingetroffen, und man bittet sie jeweils um Geduld. Offenbar mag niemand ihren Antrag entscheiden, so lese ich den behördlichen Briefwechsel. Lola Scharlach selbst argumentiert in ihren Briefen auf dünnem, mittlerweile brüchigem Papier, die sie immer wieder nach Hamburg und an das Rathaus in Berlin-Schöneberg schreibt, dem Bezirk, in dem sie wohnt, durchaus und durchweg schlagfertig und logisch: Alle Welt würde sie als Frau ansehen, auch die Ämter selbst, sowohl die in Hamburg als auch die in Berlin würden ihre Antwortschreiben an Lola Scharlach adressieren und sie so mit diesem Namen selbstverständlich anreden. Von daher sei es doch nur konsequent, dass sie diesen Namen amtlicherweise führen dürfe, und das solle man ihr gewähren, mehr nicht. Sie legt nach und legt im August 1932 ein Foto von sich bei, schreibt dazu: «Ich lasse alle Scham fallen, auch eine Aufnahme meiner Genitalien, damit Sie auch bildlich sehen, was Dr. Abraham Ihnen bescheinigte.» Ich blättere die Akte durch, schüttele sie: Kein Foto taucht auf; wer weiss, wo sie geblieben sind, wer sie womöglich mitgenommen hat. Die Monate gehen damals ins Land, wie man so sagt. Mit nicht unerheblichen Folgen: Seit dem 30. Januar 1933 regieren die Nationalsozialisten, in Berlin und in Hamburg. Dass sie Jüdin sei, Schauspielerin, Wohlfahrtsempfängerin (monatlich 35 Mark Unterhalt, dazu 10 Mark Mietzuschuss), hat sie schon vorher selbstbewusst des Öfteren erwähnt. Ihre Briefe werden drängender: Um wie gewünscht auszuwandern, brauche sie einen Pass, und da sie nun mal eine Frau sei, benötige sie einen Pass, der sie auch als Frau ausweise, und dazu müsse ihr Vorname «Lola» amtlich eingetragen sein, damit auch der Pass auf den Namen Lola Scharlach laute. «Natürlich werde ich als Nichtarierin ins Ausland reisen, wohin auch die jüdische Gemeinde die Gelegenheit bietet», schreibt sie am 2. Dezember 1933. Über Genua wolle sie nach Palästina reisen, präzisiert sie im April 1934, ein Engagement am Jiddischen Theater in Tel Aviv warte, sie habe ihre Sachen schon gepackt, das Zimmer, in dem sie wohne, sei gekündigt, und sie müsse nun die Miete Tag um Tag bezahlen, was die Mietsumme erhöhe, ihr Geld werde langsam knapp, aber sie wolle doch nicht ihr Reisegeld angreifen, das sie brauche. Die Ämter erweicht das nicht. Dann bricht die Akte im Juli 1934 unvermittelt ab. Ein letztes Blatt vermerkt, dass ihre Unterlagen betreffs Antrag auf Namensumbenennung nun abschliessend von Berlin nach Hamburg zurückgesandt werden. «Weglegen» ist handschriftlich in steilen, exakten Buchstaben vermerkt. Ich tauche auf, lehne mich zurück und schaue in den Lesesaal, wo die anderen über ihren Akten sitzen, über dicken Folianten, über Aktenordnern mit Zwischenblättern, über dünnen Heftern. Die ersten packen langsam zusammen. Wer morgen wiederkommt, schichtet seine Materialien auf einem der dafür vorgesehenen Aktenwagen auf. Das Sommerlicht draussen wird milder. Wer weiss, wer je diese Akte der Lola Scharlach wieder angeschaut hat, nachdem sie abgelegt wurde, am Ende des Sommers 1934. So aufgekratzt, wie ich bin, weiss ich, dass ich mehr wissen will. Ich kenne das. Wobei: Bestimmt hat jemand zu Lola Scharlach geforscht. Bestimmt ist ihre Geschichte aufgeschrieben, nur habe ich davon noch nicht gehört. Ich logge mich ins Netz ein. Und ich brauche nicht lange zu suchen und finde den Hinweis, dass Lola Scharlach nach dem Krieg als Charlotte Charlaque in Brooklyn als Künstlerin aufgetreten sei und dass ein Historiker namens Raimund Wolfert ihre Biografie geschrieben habe. Bevor ich allzu lange nachdenken kann, wie sie denn von Berlin-Schöneberg nach Brooklyn, New York gekommen sein kann, vermutlich ohne Pass, der sie als Frau ausweist, schaue ich nach, ob die Biografie im Bestand der Zentralbücherei der öffentlichen Bücherhallen geführt wird. Dann fahre ich einmal durch die Stadt: Vor Ort steht das Buch im Regal, als habe es auf mich gewartet. III. Und dann sitze ich Raimund Wolfert gegenüber. Er arbeitet ehrenamtlich in der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft in Berlin-Tiergarten, verantwortet die halbjährlich erscheinenden «Mitteilungen», die Zeitschrift der Gesellschaft, der Umschlag ist in einem kräftigen Gelb gehalten. Draussen sind es an die vierzig Grad. Berlin glüht förmlich, ist seit Tagen aufgeheizt, der Asphalt, das Strassenpflaster, die Häuser strahlen die Wärme ab, erst später in der Nacht wird es erträglich, noch ist kaum jemand unterwegs. Wir plaudern ein wenig, um uns kennenzulernen. Die Gesellschaft sei erst neulich in diese Räume eines weitläufigen Hinterhofs mit verschiedenen Büros umgezogen, nebenan hat das Arbeitsgericht Berlin seinen Sitz. Man wolle bald einen neuen, dann endgültigen Standort beziehen, aber das ziehe sich noch, alles dauere länger als geplant, auch wegen Corona, erzählt er. Kürzlich habe der Frankfurter Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch ihnen seine Bibliothek vermacht, so dass der Bestand der Bibliothek erheblich erweitert werden konnte; diese sei noch immer gut nachgefragt bei denen, die zu der Geschichte der Sexualforschung, der Sexualpolitik wie der Schwulen- und Lesbenbewegung forschten und die an historischen Schriften aller Art interessiert seien. (Im Frühjahr 1934, als Lola Scharlach an das Schöneberger Amt schreibt: «Ich bin sehr nervenleidend und fürchte mich in der heutigen Zeit ohne bezirkliches Dokument», war es ein knappes Jahr her, dass Magnus Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft von Studenten der Deutschen Hochschule für Leibesübungen gestürmt, verwüstet und geplündert wurde; Tausende Bücher wurden auf dem Berliner Opernplatz verbrannt). Wir blicken auf die sich aneinanderreihenden Regale. All diese vielen Bücher! Ja, wer liest denn noch? Je eine Wasserflasche steht vor uns, Selters mit Kohlensäure, später, in einer Stunde, wird ein Kollege von ihm vorbeikommen, schnellen Schrittes, er wird abrupt stoppen und fragen, «Sagt mal, wollt ihr einen Kaffee?», und je einen Kaffee bringen. Raimund Wolfert erzählt, wie er auf Charlotte Charlaque stiess, zufällig, vor ein paar Jahren: «Ich bin immer wieder auf der Suche nach deutsch-skandinavischen Themen», sagt er (er hat unter anderem in Norwegen Skandinavistik studiert). Und er findet einen Hinweis auf einen längeren Zeitungsartikel des schwedischen Journalisten Ragnar Ahlstedt, der 1933 Berlin besucht, über Männer, die zu Frauen wurden. Wolfert findet den Beitrag im Riksarkivet in Stockholm verzeichnet und lässt ihn sich online schicken, übersetzt ihn. «Der Artikel war bebildert, und auf den Fotos konnten meine Kollegen sofort sehen: ‹Das ist doch die Toni, die Toni Ebel, die kennen wir doch›; bald ergab sich daraus die Identität ihrer Freundin, die Ragnar Ahlstedt nur ‹Fräulein Charlotte› nennt. Es gab auf einem Bild eine Strassenszene, da stehen sie am Nollendorfplatz, das konnte man sich vorstellen: Da haben sie also gestanden, die Strassenecke erkenne ich heute noch wieder», erzählt er. Raimund Wolfert weiss da noch nicht, wer das Fräulein Charlotte ist. Aber das wird sich nun ändern. Denn er ist neugierig geworden. Der Weg geht dabei zunächst über Toni Ebel. Sie hat den Krieg und die Nazizeit überlebt, auch wenn sie immer wieder von der Gestapo vorgeladen und befragt wurde, in Karlsbad, in Prag und Brünn, wohin sie sich geflüchtet hatte. Nach dem Krieg, nach dem Ende der Diktatur beantragt sie in Berlin erfolgreich ihre Anerkennung als Opfer des Faschismus. Entsprechend gibt es eine Versorgungsakte. In ihrem Antrag findet Raimund Wolfert zudem zwei Briefe: «Es waren Briefe einer gewissen Charlotte aus New York, aus den späten 1940er-Jahren. Nette, feine, kleine Briefe, aus denen hervorging, dass diese Charlotte es geschafft hatte, auf schwierigen Wegen aus Deutschland herauszukommen», erzählt Wolfert. Er versucht mehr über sie herauszufinden, findet den Namen Charlotte Curtius, den Namen Charlotte von Curtius und auch den Namen Charlotte Charlaque; mal sei sie Schauspielerin, mal Musikerin, mal sei sie Übersetzerin gewesen. Sicher scheint: Toni Ebel und diese Charlotte hatten mehrere Jahre gemeinsam in der bald von den Deutschen besetzten Tschechoslowakei verbracht, bis 1942, als Charlotte als amerikanische Staatsangehörige über ein Internierungslager für nichtdeutsche Frauen und Kinder in Süddeutschland in die USA entkommen konnte. Toni Ebel bleibt allein in Prag zurück, sie sollte als Deutsche erst 1945 aus der Tschechoslowakei ausgewiesen werden. Und Raimund Wolfert bittet eine Bekannte, die in Prag lebt, im Tschechischen Staatsarchiv für ihn nachzuschauen: «Und da gab es eine Akte zu Charlotte Charlaque mit Passfotos, mit Adressangaben und einigem mehr, wo ich erfahren konnte: Ihr Geburtsname war Curt Scharlach gewesen, daher auch die Anspielung in dem Nachnamen Curtius.» Nun geht es ziemlich schnell, und er kann die Eckdaten ihres Lebenslaufes festmachen: «Bis auf die Jahre nach 1947, denn die Briefe, das waren die letzten Quellen, und ich wusste nicht, was aus Charlotte geworden ist.» Doch auch das wird er herausfinden, er wird am Ende einen Nachruf finden, wovon sein schönes, feinfühliges Buch «Charlotte Charlaque» erzählt. Und Toni Ebel? Staatstragende sozialistische und realistische Kunst habe sie in der DDR gemalt: den Arbeiterveteranen, die Friedenskämpferin, die engagierte Künstlerin mit Palette und Pinsel, dazu Landschaftsszenen, Stillleben. «Ihre Kunst hat nichts mit Trans* zu tun, das Thema sieht man nicht», lacht er. (Zusammen mit dem Kollegen Esra Paul Afken von der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft bereitet er gerade eine kleine Ausstellung zu Toni Ebel vor, in diesem Herbst, sie arbeiten ausschliesslich mit Reproduktionen, da nur wenige originale Bilder ausfindig zu machen waren: Es handelt sich weitestgehend um ein verschollenes, ein vergessenes Werk.) Es gibt keinen einzigen Hinweis darauf, dass irgendjemand in den frühen Jahren der DDR die Frage gestellt habe, welche geschlechtliche Identität Toni Ebel eigentlich habe – sie sei einfach durchgegangen. Raimund Wolfert sagt nach einer kleinen Pause: «Es wurde immer nur über sie gesagt: ‹Die kleine, pfiffige, verschmitzte Frau mit der tiefen Stimme›.» Sie selbst habe in ihren Entschädigungsanträgen alles rückwirkend aus einer weiblichen Perspektive erzählt. «Sie hat das Institut für Sexualforschung erwähnt, das schon, aber dass sie im Ersten Weltkrieg ein Soldat war, dass sie verschüttet wurde, dass sie verheiratet war, dass sie einen Stiefsohn hatte, dass sie ihre Frau gepflegt hat und danach erst Charlotte und die anderen kennengelernt hat, das alles taucht nicht auf», sagt Raimund Wolfert. IV. Soweit bisher. Wir reden mehr als drei Stunden miteinander; tauschen uns aus, erzählen uns, warum uns was interessiert, welche Spuren wir jeweils verfolgen, und ich lasse mich überhaupt auf den neuesten Stand bringen: «Die ersten vier Personen, die eine Angleichung zur Frau haben durchführen lassen und die uns bekannt sind, das waren Dora Richter – verschollen, wir wissen nicht, wie lange sie gelebt und ob sie die Nazizeit überlebt hat»; als zweite eben Charlotte Charlaque, die als Jüdin und als Frau in die USA entkommen konnte; dann Toni Ebel, die 1961 in Ostberlin gestorben sei. «Und die vierte und bekannteste ist Lili Elbe, deren Leben ja verfilmt wurde und die vor den Nazis gestorben ist.» Zusätzlich gäbe es drei, vier Namen, Umwandlungen von Frau zu Mann: «Wobei uns nicht klar ist, inwieweit operativ eine Angleichung durchgeführt wurde. Und wie und ob diese Personen durch die Nazizeit gekommen sind, wissen wir auch kaum.» Er sagt: «Wir müssen immer noch sammeln, sammeln, sammeln.» Um zu erfahren, welche Möglichkeiten es für einen selbstbestimmten Lebensentwurf damals gab. V. Also weitersuchen. Schauen, ob sich etwas findet. Und ich rufe meine Notizen zu der zweiten Akte auf, die ich gefunden habe; es geht um einen Vorgang der Hamburger Jugendbehörde aus dem Jahr 1932; es geht um Gertrud Amalie Marie Geers, geboren im Juni 1916. «Wie aus dem beiliegenden amtsärztlichen Attest zu ersehen ist, handelt es sich bei Gertrud Geers um einen sogenannten Zwitter mit Zugehörigkeit zum männlichen Geschlecht. Das Jugendamt hat im Einverständnis der Eltern, Maxstr. 44, Aufklärung und Umkleidung des Minderjährigen durchgeführt und den Minderjährigen Gert genannt.» Beantragt wird anschliessend eine amtliche Namensumbenennung und der entsprechende Eintrag in das Personenstandregister, dem der Preussische Minister des Inneren diesmal ohne grosse Nachfragen stattgibt. Wie ist das Leben von Gert Geers weitergegangen? Was hat er erlebt? Und wie selbstverständlich war für ihn und die ihn umgebenden Anderen seine Identität? Und wird darüber je etwas zu erfahren sein? Und dann Akte Nummer drei, zwei Seiten nur: enthält die behördliche Erlaubnis der Eheschliessung von Rudolf Müller mit Elisabeth Auguste Helene Anna Mellue im März 1939 durch die Hamburger Polizeibehörde. Zwei Anmerkungen lassen mich bis heute aufhorchen: «Der Genannte ist hier als Transvestit bekannt.» Und: «Ein Verstoss gegen das Ehegesundheitsgesetz ist nicht erfolgt, wenn auch derartige Ehen unerwünscht sind.» Die Suche wird fortgesetzt. |