Es gibt die, die...ERNST#14 - Was wir glauben.
Wie immer gediegen-gedruckt zu erwerben, und zwar: hier.» |
Von Adrian Soller
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Es gibt die, die sich dafür schämen.
Es gibt die, die am Sonntag in die Kirche gehen. Es gibt die, die sagen, die Kirche sei ein Haus. Es gibt die, die sagen, die Kirche sei nur ein Haus. Es gibt die, die sagen, die Kirche sei ihre Heimat. Es gibt die, die sagen, Gott bedeute Christentum – und Christentum bedeute Kirche. Und mit der Kirche hätten sie so gar nichts mehr am Hut. Es gibt die, die sagen: «Mein Glaube braucht keine Kirche!» Es gibt die, die sagen: «Mein Glaube geht nicht ohne Rituale!». Manche beten. Es gibt die, die beten dann, wenn sie etwas nicht mehr kontrollieren können. Es gibt die, die sagen, dass Gottvertrauen auch Urvertrauen sei. Sie denken: «Wer glaubt, glaubt eher, dass es gut kommt.» Es gibt die, die denken, beten sei zu passiv. Es gibt die, die denken, beten sei ein Akt der Selbstermächtigung. Sie denken: «Wer betet, macht selbst dann etwas, wenn es eigentlich nichts mehr zu machen gibt.» Es gibt die, die sich vor einer Nieren-OP lieber ablenken, als zu beten. Es gibt die, die hören dann: Agnes Obel. Es gibt die, die sagen: «Wer betet, stellt sich seiner Angst.» Es gibt die, die finden: «Dankbarkeit entsteht durch Glück.» Es gibt die, die finden: «Glück entsteht durch Dankbarkeit.» Es gibt die, die finden: «Gegenüber dem Zufall kann ich keine Dankbarkeit empfinden.» Manche wollen glauben, können es aber nicht. Es gibt die, die glauben, dass der Glaube an Gott furchtbar naiv sei. Es gibt die, die glauben, dass Naivität furchtbar befreiend sei. Es gibt die, die an Gott glauben. Es gibt die, die an Zufall glauben. Es gibt die, die sagen: «Beweisbar ist beides nicht.» Es gibt die, die sagen: «Ich brauche keinen Dialog mit Gott, solange ich mit Freunde und Familie sprechen kann.» Es gibt die, die sagen: «Gerade die, die uns am nächsten sind, wollen nicht, dass wir zu uns selbst finden.» Und überhaupt: Manche nennen es Universum. Es gibt die, die abseits der Kirche zu sich selbst finden wollen. Es gibt die, die finden, dass genau das egoistisch sei. Sie sagen: «Es braucht eine Tradition, die mehr ist als du selbst.» Es gibt die, die aus der Kirche wegen ihrer veralteten Traditionen austreten. Es gibt die, die dabeibleiben, um ebendiese Traditionen zu ändern. Manche glauben nicht mehr. Es gibt die, die schweigen. Es gibt die, die argumentieren. Es gibt die, die sagen: «Dort wo, das Argumentieren aufhört, fängt der Glaube erst an.» Es gibt die, die sagen: «Glauben ist ein Prozess.» Es gibt die, die sagen: «Glauben ist ein Moment.» Manche hatten ein Nahtoderlebnis. Es gibt die, die sagen, Glaube bedeute Zweifel. Es gibt die, die aufgehört haben, zu zweifeln. Es gibt die, die sprechen so selbstverständlich von Satan wie von einer Salatschleuder. Es gibt die, die das alles gar nicht so genau wissen wollen. Die gibt es immer. Es gibt die, die das alles gar nicht so genau wissen müssen. Die gibt es immer auch. |