Ernst - Magazin fuer Gesellschaft, Sinn und Gender
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Geborgen im GEheimen

Im Geheimen kommen wir bei uns an. Die Forderungen der Welt bleiben draussen. Wenn wir im geheimen Ort sind, sind wir frei. Umso kostbarer sind die Einblicke, die uns Tamara, Daniel, Krystof, Luzia, Juri, Annelore und Senta Camille vermitteln.  »
Texte von Adrian Soller und Ivo Knill, Bilder von Luca Bricciotti

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«Schon mit fünf, sechs Jahren sass ich da: Auf dem Dachgiebel. Niemand sah mich, niemand fand mich. Ich hatte Ruhe. Später dann bekam ich das Zimmer im Dachstock. Ich sass auf dem Fenstersims der Lukarne und war zufrieden. Und so ist es geblieben: Als ich auszog, wohnte ich in der Altstadt, ganz oben, Blick auf die Gassen. Jetzt wohne ich in einer Attika-Wohnung in der Lorraine und hier, auf dem Flachdach, finde ich meine Ruhe. Es hat zwar einen Balkon, aber dort fühle ich mich wie ein Pferd hinter dem Zaun. Lieber klettere ich die Dachrinne beim Kamin hoch und komme hierher, an meinen Ort.»
Tamara, 21
 





«Es ist warm, alles wird ruhig. Meine Freundin weiss: Wenn ich da bin, bin ich nicht zu sprechen, Streit muss ruhen. Auch der Stress von der Arbeit bleibt draussen. Hier komme ich wieder zu mir, wenn alles zu viel wird. Ich brauche nur die Decke bis über den Kopf zu ziehen. Es wird dunkel. Dunkel, warm und still. Ich bin geborgen, und alles wird gut. Dann kehre ich wieder zurück in die Welt, das Leben kann weitergehen. Ich bin wieder da.»
Daniel, 23


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«Immer mittwochs gingen wir mit unseren Hunden spazieren. Ralf wusste das. Er wusste, dass Manuel und ich uns immer um Zehn beim Bänkli trafen. Die Hunde verstanden sich gut, wir uns auch. Manchmal aber kam unser Redefluss ins Stocken, und wir gingen einfach still neben einander her. Ich kenne seine Frau Gabi, Manuel kennt meinen Mann Ralf. Nach dem Waldspaziergang wollte ich meist nicht nach Hause. Manuel und ich sassen dann noch ein bisschen auf dem Bänkli, eine halbe Stunde, eine Stunde, redeten wenig. Unsere Oberschenkel berührten sich. Und an jenem Mittwochmorgen im April sassen wir wohl etwas länger da als sonst. Auch die freundschaftliche Umarmung zum Abschied war dann etwas inniger als gewohnt. Als sich unsere Körper nur sehr langsam wieder voneinander lösten, blickten wir uns in die Augen. Und Manuel strich mir ganz sanft über die Wange. Wir haben nie über diesen kurzen Moment gesprochen. Es war ja auch nichts. Und zusammen spazieren, gehen wir nun nicht mehr. Ich muss mit Baba jetzt mittwochs ins Agility.»
Luzia, 42


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«Während ich einatme, spanne ich meinen Bogen bis zum Anschlag. Mein Ziel verliere ich dabei nicht aus den Augen. Es ist ein magischer Moment der Klarheit. Es gibt nur mich, den Bogen und das Ziel. Keine Gedanken. Keine Lebensfragen. Keine Zweifel. Ich atme aus. Fooooooom. Mit einem Zischen verlässt der Pfeil den Bogen. Und ich weiss schon, ob ich treffen werde oder nicht. Denn schon der leiseste Zweifel, der leiseste Gedanke beim Loslassen, lässt mich mein Ziel verpassen. Will ich treffen, muss ich daran glauben zu treffen. Bogenschiessen ist für mich der Wille zum Glauben. Und den Glauben eben muss man in sich selber suchen. Stunde für Stunde. Tag für Tag. Immer wieder aufs Neue.»
Juri, 54
 


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«Die Kirche, sie ist definitiv mein geheimer Ort. Sie ist das Herz und die Seele eines Dorfes. Ich gehe zwei-, dreimal täglich hin und bringe die Dinge in Ordnung. Hier will man, dass alles rein und klar ist, bereit für Gott.»
Annelore, 53
 







«Wenn ich alleine an einem stillen Ort im Grünen sitze. Wenn ich durch die menschenüberfluteten Gassen wandere. Immer habe ich ihn bei mir, meinen geheimen Ort. Es ist der Raum dahinter, der Raum in mir. Tauche ich ab, finde ich Ruhe vor meinen lauten Gedanken, meinem nervenden Nachbarn. Ich nehme die Dinge dann, wie sie sind. Oder eben nicht sind.»
Senta Camille, 27

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